ZWERGWERK – Elternkindsingen im Werk9

„Heiho, heiho, wir sind vergnügt und froh!“
Diese Liedzeile bleibt Alt und Jung im Ohr, wenn Disneys Schneewittchen im Fernseher läuft und die sieben Zwerge gut gelaunt im Bergwerk ihr Tagewerk verrichten. In unserem ZWERG-WERK können schon die Allerkleinsten in einem richtigen Bergwerk selbst musikalisch ans Werk gehen. Auf spielerische Weise lernen die Kleinen elementare Instrumente kennen, hören Musik verschiedener Kulturen und Stilrichtungen, üben Mitmachverse und Fingerspiele und singen Kinder- und Bewegungslieder, die viele (Groß-)Eltern noch aus ihrer Kindheit kennen. Das Angebot findet im Rahmen unserer musikpädagogischen Arbeit statt und ist daher kostenfrei. Über kleine Spenden freut sich unsere Werk9-Spendenbox.

ZWERGE IM LOCKDOWN

Solange wir uns nicht sehen können veranstaltet unser Schneewittchen Anja für ihre Zwerge wöchentlich einen Kinderpodcast in Form von Fantasie-Reisen um die Welt.
Die Werk9-Zwergenreise

Während des Frühjahrs-Lock-Downs hat unser Schneewittchen außerdem für alle Zwerge und Zwergen-Eltern jede Woche ein neues Online-Zwergwerk veranstaltet. Aus Gründen des Datenschutzes ist der Zugang Passwortgeschützt. Schreibt gern an Anja.Kaschub@werk9.de, dann senden wir es euch zu.

Zwergwerk-Weihnachtsfeier Dezember 2019

Wir rocken im Verein – der „WERK9 rockt e.V.“

Der Förderverein WERK9 rockt e.V. bündelt den Gestaltungswillen junger Menschen, unterstützt die inhaltliche Arbeit des WERK9 und trägt dazu bei, diese Jugend-Begegnungsstätte im Zentrum Berlins zu erhalten. Helfen Sie mit!

Unterstützen Sie den Förderverein zur Erhaltung der kreativen Jugendarbeit im Werk9 mit Ihrer Spende: IBAN DE 68 4306 0967 1224 2461 00

Wie wir wurden. Was wir sind! – Die Vereinsgeschichte

Der Herbst 2009Protest im Verein

Frei nach dem Motto: “Wer etwas will, findet einen Weg. Wer etwas nicht will, findet Gründe”, veröffentlichte die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen im September 2010 die Finanzplanung der Stadt für den Zeitraum 2010 bis 2014. Im Rahmen der hier begründeten Sparmaßnahmen sollte auch das WERK9 zum Jahresende 2009 geschlossen werden. Die Bereitschaft der Jugendlichen, diese Entscheidung nicht einfach hinzunehmen, sondern sich aktiv für den Erhalt des Hauses stark zu machen, führte nicht nur zur Entstehung des “Werk9-Parlaments”, in welchem Demonstrationen und musikalische Protestaktionen organisiert und nach alternativen konstruktiven Lösungsansätzen gesucht wurde, sondern überdies zur  Gründung eines Vereins, dem heutigen Förderverein “Werk9 rockt e.V.”

der sich gegenüber dem Bezirksamt bereit erklärte, die jährlichen Betriebskosten der Jugendbegegnungsstätte in Höhe von ca. 20.000 Euro (Stand 2011) zu erbringen. Zu diesem Zeitpunkt erschien dieser – im Grunde verzweifelte – Schritt den Akteuren des “Werk9“ als letzte Möglichkeit, das Haus zu erhalten.

Als es im Rahmen der Verhandlungen zum Erhalt der Jugendfreizeiteinrichtung zur Übertragung des Hauses an das Sozialpädagogische Institut “Walter May“ (SPI) in der ersten Jahreshälfte 2010 kam, wurde ein Zuwendungsbescheid an die Stiftung erteilt, der einen weiteren wesentlichen Einschnitt für den Betrieb des “Werk9” beinhaltete: die dritte Personalstelle wurde im Rahmen der Kürzungen nicht mehr, wie bisher, über eine Zuwendung des Bezirks an den Träger finanziert und entfiel damit.

Hierdurch sah man sich im Werk9 in Zusammenarbeit mit dem Verein der Aufgabe gegenüberstellt, nicht nur die jährlichen Betriebskosten zu erwirtschaften, sondern auch eine fehlende Personalstelle zu kompensieren, und trotzdem die Angebotsvielfalt des Hauses aufrecht zu erhalten. Dass dieser Kraftakt gelang, war in erster Linie dem Engagement der Jugendlichen in ihrem Verein zu verdanken, die sich der Herausforderung stellten, die fehlende bezahlte Arbeitskraft durch ungezählte Stunden ehrenamtlicher Tätigkeit (z.B. Vor- sowie Nachbereitung und Betreuung von Veranstaltungen, Weiterführung der kostenlosen Freizeitangebote im Bereich Theater, Bühnenumbauarbeiten und Einlass für Konzerte, Wartung von Instrumenten und Technik u.a.) zu kompensieren.

Das Frühjahr 2012 – erneut droht der Rotstift

Im Frühjahr 2012, hatte sich die Arbeit im Werk9 und die Zusammenarbeit mit den Partnern gerade normalisiert. Der Verein suchte, nach einem Wechsel im Vorstand, nach neuen Wegen und Strategien, etwa durch Umschichtung von Bezügen, die Spendenbereitschaft von Förderern und Sponsoren zu erhöhen, aber auch durch Charity-Veranstaltungen andere Menschen vom Erhalt der Jugendeinrichtung profitieren zu lassen und damit gleichzeitig die soziale Verantwortung der Jugendlichen zu stärken (ein Beispiel hierfür ist  etwa das Theater-Projekt  “eine Weihnachtsgeschichte”, welches mit der “Aktion Deutschland hilft” im Dezember 2011 fast 600 Euro zur Bekämpfung der Hungersnot in Ostafrika sammelte).

Da erhielt das Werk9 vom Bezirksamt eine neue Hiobsbotschaft:
Für den Haushalt 2012/13 sollten erneut fast 700.000 Euro in der Kinder- und Jugendförderung in Mitte eingespart werden. Das Bezirksamt hatte sich darum entschieden, neben der Streichung mehrerer Sozialpädagog*innenstellen an Schulstationen im Zentrum der Hauptstadt, zwei Einrichtungen zum 30.06.2012 vollständig zu schließen, darunter das Werk9.

Mit einer Schließung des Hauses im 18. Jahr seines Bestehens hätte das Bezirksamt gerade einmal 50.000 Euro eingespart. Dafür hätten 200 Kinder und Jugendliche vor allem aus Mitte, Tiergarten und Wedding ihren Freiraum zur Selbstverwirklichung und das Zentrum Berlins einen einzigartigen Standort für Kultur- und Nachwuchsförderung verloren. Für die Jugendlichen des Werk9 und ihren Verein stand fest, dass sie dies nicht einfach tatenlos hinnehmen würden. Die jungen Menschen hatten durch die krea(k)tiven Proteste, mit denen sie 2009 die Schließung ihres Hauses hatten verhindern und zahlreiche Unterstützer vor Ort hatten gewinnen können, erfahren, dass man als eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeit durch verantwortungsvolles Handeln etwas bewegen kann. Der Verein wandte sich an die Presse, rief eine Petition ins Leben, organisierte gemeinsame musikalische Proteste vor dem Bezirksamt-Mitte und solidarisierte sich mit den anderen von den geplanten Sparmaßnahmen betroffenen Jugendhäusern im Großbezirk-Mitte. Denn Soziales Engagement sowie Jugendförderung sind bedeutsame gesellschaftliche Aufgaben und dürfen nicht länger als eine willkommene Sparmaßnahme betrachtet werden, nur weil damit kein materieller Profit zu erwirtschaften ist. Der gesellschaftliche Profit, der aus der Förderung der Jugendlichen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten erwächst, ist mit Geld nicht aufzuwiegen.

Indem die Jugendlichen durch ihr Engagement im Verein und ihre farbenfrohen Proteste erneut Fürsprecher im Bezirk und den Fraktionen gefunden haben, sind nochmals Mittel zur Verfügung gestellt worden, die den Erhalt ihres “Werk9” bis zum Ende des Jahres sicherten. Der Verein “Werk9 rockt e.V.” bemüht sich intensiv, durch Öffentlichkeitsarbeit, Akquise von Spenden und Unterstützung von Förderern und Sponsoren den Fortbestand dieser einzigartigen Einrichtung und seiner Projekte zu sichern und ist für jede Form von Unterstützung offen und dankbar.

2012 wurden auch die Medien auf den Protest der Werk9-Jugendlichen aufmerksam.

2019 – Ich war 19

In ihrem 100sten Lebensjahr stirbt Helga Bernhardt (1919-2019). Ihr letzter Wunsch: Ihre Beerdigung soll keine Trauerfeier, sondern ein Fest des Lebens sein. So hat sie es im November 1938, im Alter von 19 Jahren, ihrer Todkranken Zwillingsschwester versprochen. In Rückblicken reisen die jungen DarstellerInnen mit ihren Zuschauerinnen durch die letzten 100 Jahre und begegnen 19jährigen und ihren Erinnerungen: Novemberprogrome, 2. Weltkrieg, Mauerbau, Mauerfall.
Ein Stück voller Geschichte und Geschichten, das Generationen verbindet und ins Gespräch bringt. Nicht nur während der Produktion sondern hoffentlich auch nach den Vorstellungen.

2019! Ein Jahr zum Innehalten, zum Zurückschauen. 80 Jahre Beginn des 2. Weltkriegs, 50 Jahre Mondlandung, 30 Jahre Mauerfall. Die Querstreicher haben dieses Jahr ebenfalls der Erinnerung verschrieben und Erinnerungen aufgeschrieben. Daraus ist das Stück „Ich war 19“ entstanden.

Alle Vorstellungen: 09. November 2019 (Premiere) | 10. November 2019 | 16. November 2019 | 17. November 2019 | 15. Februar 2020 und 16. Februar 2020, jeweils 19:00 Uhr.

2018 – Besuch der Alten Dame

Güllen (Mark), eine Kleinstadt im Landkreis Uckerpfalz. Idyllisch! Die Güllener sind ein nettes, wertkonservatives Völkchen, haben Humor (#zotige_herrenwitze) & sind offen gegenüber Fremden – sofern sie das nötige Kleingeld in die verblühende Heimat bringen. Als Claire Z. das beschauliche Kaff besucht, brechen alte Wunden auf & der Traum vom vollautomatischen Rasenmäher erscheint plötzlich zum Greifen nahe. Gerechtigkeit kann man nicht kaufen? Man kann alles kaufen! Wer ist schuld? Alle. Außer ich.

Friedrich Dürrenmatts groteskes Spiel über verschlissene Ideale, die Macht des Geldes & eine Milliardärin, die noch eine Rechnung offen hat, inszeniert von Laura-Sophia Schulz und Wolf Koschwitz.

ALLE VORSTELLUNGEN: 17. November 2018, 19 Uhr (Premiere) | 24. November 2018, 19 Uhr | 25. November 2018, 19 Uhr | 1. Dezember 2018, 19 Uhr | 2. Dezember 2018, 19 Uhr

2017 – Faust, vom Teufel geholt

„Mein Pathos brächte dich gewiss zum Lachen,“ grinst Mephisto während des Prologs im Himmel den HERRN an, „hättst du dir nicht das Lachen abgewöhnt.“ – Ja, die aktuelle Weltlage scheint eher zum Weinen Anlass zu geben. Den Bösen [Teufel] sind die Menschen los, aber „die Bösen sind geblieben“.

Ein großer Romancier des 19. Jahrhunderts drückte es einmal so aus: „Was für eine Tragödie ist doch diese menschliche Komödie und wie sehr würde ich darüber weinen, wenn ich mir nicht fest vorgenommen hätte darüber zu lachen.“

Ein Gedanke von zeitloser Aktualität. Klassiker sind Klassiker, weil Werk und Autor jeder Gegenwart, so auch der Heutigen, etwas so sagen, als sei es eigens ihr gesagt. Nicht bloß Goethes Gelehrtentragödie „Faust“, sondern auch Jacques Futrelles Gelehrtenkomödie „The Thinking Machine“ können von sich behaupten auf diese klassische Weise zeitlos zu sein, wenngleich Goethe unsterblich und Futrelle beinahe vergessen ist.

In „Faust. Vom Teufel geholt“ (Spielleitung: Anja Kaschub | Musikalische Leitung: Wolf Koschwitz) verschmelzen beide Werke zu einem anregenden Theaterabend. Es darf gegrübelt aber auch gelacht werden.

Alle Vorstellungen: Fr. 05. Januar 2018 (Premiere) | So, 07. Januar 2018 19:00 Uhr | Sa. 13. Januar 2018 | So. 14. Januar 2018 | Sa. 27. Januar 2018 und So. 28. Januar 2018, jeweils 19:00 Uhr.

2016 – Leonce und Lena

Leonce ist ein Praktikumsverweigerer & Teilzeit-Faulenzer. Dabei hat sein Vater, der König vom Reiche Popo, Großes mit ihm vor. Tagträumen gehört nicht dazu! Leonce bleibt nur die Flucht. Und auch Lena, die Prinzessin aus dem Reiche Pipi, hat die Nase gestrichen voll. Sie muss raus, an die frische Luft, fliehen – bevor die Wände auf sie fallen.

Mit Live-Musik, Spielfreude & Wortwitz begleiten wir eine Prinzessin und einen Prinzen des 21. Jahrhunderts auf ihrer Sinnsuche: Was werden sie finden außer Liebe, Macht & Arbeit?

Alle Vorstellungen: Sa. 12. November 2016 (Premiere)| So. 13. November 2016 | So. 20. November 2016 | Sa. 26. November 2016 | So. 27. November 2016, jeweils 19:00 Uhr

2015 – Der Geizige

Verrückte Typen, verknallte Pärchen & ein verschrobener Patriarch in Badeschlappen! Die Querstreicher zeigen „Der Geizige“ nach Molière, inszeniert von Wolf Koschwitz.

Alle Vorstellungen: Sa, 10.10.2015 (Premiere) |
So, 11.10.2015 | Sa, 17.10.2015 | So, 18.10.2015 jeweils 19:00 Uhr

2014 – Welttheater

Berlin im Frühjahr 1933: in Max Reinhardts Deutschem Theater findet die Premiere von Hugo von Hofmannsthals „Großem Welttheater“. Wiederholt hat der große Regisseur sein Ensemble aus das eingeschworen, woran er noch immer glaubt: „Wir sind keine Politiker, ich für mein Teil bin es gewiß nicht. Ich bin nichts als ein Theatermann. Mein Leben gehört ganz jener zauberhaften Welt, die der Mensch geschaffen hat, nach seinem Ebenbild. Die Welt empfängt ihr Licht, Wärme und Leben von der Wirklichkeit, aber sie ist ein Planet für sich und dreht sich um ihre eigene Achse, nach eigenen Gesetzen.“

Wie sehr zu diesem Zeitpunkt die Wirklichkeit bereits dunkle Schatten auf das Kunstgestirn wirft ist den Schauspielern jedoch klar: zwei Tage zuvor ist der Reichstag abgebrannt und Reichskanzler Adolf Hitler hat daraufhin mit dem Notverordnungsparagraphen die Verfassung der Weimarer Republik außer Kraft gesetzt. Reinhardt ist Jude. Die Premiere ist gleichzeitig seine Abschiedsvorstellung denn er muss aus Deutschland fliehen und er ist nicht der einzige in der Garderobe des Deutschen Theaters – dem Handlungsort des Stückes – der an diesem Abend an Flucht aber auch an Widerstand denkt.

Beklommen lauschen Sie jenen im Ohr der Nachwelt ahnungsvoll-prophetisch klingenden Versen des Bettlers: „Der Weltstand muß dahin, neu werden muß die Welt, und sollte sie zuvor in einem Flammenmeer und einer blutigen Sintflut untertauchen.“ Andere im Ensemble wittern in der Machtübernahme langersehnte Aufstiegschancen. Wut und Resignation liegen an diesem Aschermittwoch über der Vorstellung, wie der schwarze Rauch über der Hauptstadt. Doch: the show must go on.

Ensemble: Max Reinhardt, der Weltberühmte Regisseur des DT –  Cihan Büyükari | Sophie Weißhaupt, Darstellerin der Weisheit – Selen Ericok | Emma Regenthal, Darstellerin der Schönheit – Lara Wehlan | Samuel Grünwald, Darsteller des Bettlers – Elias Weber | Otto Haller, Darsteller des Reichen – Till Hartig | Dorothy Parker, Theaterkritikerin von internationalem Renommee – Mara Tegtmeier | Herr von Danneberg, Kapellmeister Wolf Koschwitz | Gitarrist – Micha Strahl | Fagottist – Max Müller | Heinrich Schneider, Statist – Fabian Nowak | Frl. Semmele, Souffleuse – Eve Mahn | Friederike, Kostümbildnerin – Jasmin Zamani | Mechthild, Maskenbildnerin – Mathilde Röhr | Rolf, Bühnenarbeiter – Simon Lubig | Wilhelm Rittner, Feuerwehrmann – Jochen Taeschner

Produktionsteam: Spielleitung/ Stück: Anja Wagner | Musikalische Leitung/ Komposition: Wolf Koschwitz | Produktionsleitung: Norbert West (Werk9) | Grafik/ Layout: Regina Tyllack | Bühnenbild: Shanti Strauch; Anja Wagner  | Lichttechnik: Annette Schulze

Alle Vorstellungen: Sa, 21. Juni 2014 | So, 22. Juni 2014 | Di, 24. Juni 2014 | Sa, 06. September 2014 | So, 07. September 2014 | Sa, 28. Februar 2015 | So, 01. März 2015, jeweils 19:00 Uhr

Zerstörte Vielfalt

Mit einem Themenjahr unter diesem Schlagwort hat die Kulturhauptstadt Berlin im 2013 Stellung bezogen zum 80. Jahrestag der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 und zum 75. Jahrestag der Reichspogromnacht 1938. Der Vielfalt des Lebens in der Weltstadt und dessen Zerstörung im Nationalsozialismus wurde mit zahlreichen Aktivitäten gedacht, zu denen etliche Berliner Institutionen wie Museen, Gedenkstätten, Archive, Universitäten, Kirchen, die Jüdische Gemeinde, der Landesverband der Sinti und Roma, die Geschichtsinitiativen und Kultureinrichtungen der Stadt und viele mehr ihren Teil beitrugen.

Mitten in Berlin bringt die Jugendtheatergruppe Querstreicher am kommenden Wochenende ein Nachspiel zum Themenjahr „Zerstörte Vielfalt“ auf die Bühne und gedenkt damit gleichzeitig eines weiteren Jahrestages: 2013 jährte sich das Geburts- und Sterbejahr des großen Theatermannes Max Reinhardt zum 140. bzw. 70. Mal.

2013 – Die Räuber

Das Stück
Es war einmal ein Vater, der hatte drei Kinder: Maximilian von Moor sieht in seinem ältesten Sohn Karl, einem charismatischen Freidenker, die Zukunft seiner Firma und überschüttet ihn mit dem väterlichen Lob und Stolz, welches er seinem jüngeren Sohn Franz entzieht. Auch die kleine Halbschwester der beiden ungleich(behandelt)en Brüder, Amalia, von diesen kurz Ami, Freund, gerufen, schenkt all ihre Zuneigung dem älteren, dem fernen Bruder. Denn Karl hat sich, von den Ansprüchen des Vaters überfordert, zum Studium nach Leipzig abgesetzt und zieht mit seinen Kommilitonen, angeführt von dem Anarchisten Spiegelberg, durch die alternativen Kneipen der Vorstadt. Franz sucht diese Abwesenheit des Älteren derweil auszunutzen, um den Vater für sich zu gewinnen, scheitert jedoch an dessen Voreingenommenheit. Getrieben von Neid und Eifersucht gegen den Bruder und aufkeimendem Hass dem Vater gegenüber, dem er diese unverdiente Kaltherzigkeit nicht verzeihen kann, setzt Franz einen Plan in die Tat um, der ein Inferno auslöst indem all das untergeht, was der Vater seinen Kindern an Werten, Idealen, Hoffnungen und Gewissen mit auf den Lebensweg zu geben gedachte. Die Jugend erhebt sich im Feuersturm, doch was bleibt sind verklingende Rauchzeichen am Horizont.

Das Konzept
Was ist Gerechtigkeit? Keine andere Frage ist so leidenschaftlich erörtert, für kaum eine andere ist so viel Blut, sind so viele Tränen vergossen worden. Sie bildet auch das zentrale Motiv der „Räuber“-Inszenierung der Querstreicher und der Auseinandersetzung der jungen Menschen mit dem historischen Stoff.

„Jeder hat gleiches Recht zum Größten und Kleinsten“ sagt der ungeliebte Franz gleich zu Beginn des Dramas und appelliert damit an das Grundrecht, dass in Deutschland niemand wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Von Gesetz wegen verboten, ist die Frage nach der Ungleichbehandlung von Menschen im täglichen Umgang jedoch häufig eine Frage der persönlichen Sympathie, der man sich trotz political correctness schwerlich entziehen kann. Spielt bei der Wahl unserer Freunde nicht auch immer die Ausstrahlung und nicht zuletzt auch die Attraktivität, das äußere Erscheinungsbild eine Rolle?

Es ist die subjektive, manchmal unterbewusste Ungerechtigkeit von Bevorzugung und Vernachlässigung die den wesentlichen Handlungsmotor der „Räuber“ ausmacht: a. Familiär in der Zuneigung Maximilians und Amalias zu Karl bzw. in der Abneigung gegenüber Franz, der erst auf Grund dieser Ungleichbehandlung seine boshaften Charakterzüge ausbildet; b. im Freundeskreis bei der Wahl des „Räuberhauptmanns“, wo Spiegelberg, als wirklicher politischer Denker und radikaler Weltverbesserer aus Überzeugung, gegenüber dem Idealisten und Charismatiker Karl den Kürzeren ziehen lässt, der zwar den Traum vom Freien Menschen träumt, aber eigentlich nur aus verletztem Stolz zum politischen Aktivisten wird; c. auch gesellschaftlich, denn was die jungen Menschen auf die Barrikaden treibt ist nicht nur jugendlicher Leichtsinn, Übermut und Spaß am Verbotenen, sondern vielmehr das Gefühl der Ungerechtigkeit der Welt in der sie leben und in die sie sich nicht kampflos integrieren lassen wollen. Wie schrieb schon Friedrich Schiller am Schluss seines „Parasiten“? „Der Schein regiert die Welt, und die Gerechtigkeit ist nur auf der Bühne.“

Die Entstehungsgeschichte
„Das Theater glich einem Irrenhause, rollende Augen, geballte Fäuste, stampfende Füße, heisere Aufschreie im Zuschauerraum! […]  Es war eine allgemeine Auflösung wie im Chaos, aus dessen Nebeln eine neue Schöpfung heranbricht!“ – So enthusiastisch gibt ein Zeitzeuge die Reaktionen auf die fünfstündige Uraufführung von Friedrich Schillers „Räubern“ am 13. Januar 1782 im Nationaltheater Mannheim wieder. Sie machte den jungen Militärarzt zum letzten Repräsentanten der ersten deutschen Jugendbewegung, dem „Sturm und Drang“ und über Nacht berühmt. Die radikale Ehrlichkeit und Unverstelltheit seiner Schreibweise, die Kraft in der Zeichnung der innerlich zerrissenen Charaktere lassen den ewig jungen Dichter und sein Erstlingswerk – Zeugnis seines Aufbegehrens gegen den militärischen Drill und Zwang seiner Kadettenzeit auf der Stuttgarter Karlsschule – auch für Jugendliche von heute nach wie vor interessant erscheinen. Das Stück thematisiert, vom Generationskonflikt über die Suche nach dem richtigen Platz im Leben und die zum Teil radikalen Weltveränderungspläne der Protagonisten bis hin zu den Problemen der jungen Menschen mit den katastrophalen Studienbedingungen, die ihnen jeden Freiraum zur Selbstverwirklichung rauben, Fragen, die auch 230 Jahre nach der Uraufführung an Aktualität nichts eingebüßt haben.

Die Umsetzung des Stückes durch die Jugendtheatergruppe des Werk9, Querstreicher, gibt den zeitlosen Stoff um zwei Drittel auf 90 Spielminuten verkürzt, aber sonst unverändert wieder. Auch die vielen Lieder, die sich durch Schillers Erstling ziehen, sind Musik geblieben, wurden jedoch, den etwas veralteten Herzschmerz der Barockoper, die Schiller als Anleihe nahm, beiseite lassend, durch die ungekünstelten Straßenmusiksongs von Alex ersetzt, welche die alten Räuber der Böhmischen Wälder durchaus authentisch zu urbanen Piraten werden lassen.