Zusammen – ein Theaterfestival in der Ukraine

Es ist Frühjahr in der Ukraine. Junge Menschen sitzen auf gepackten Koffern auf dem Bahnhof von Charkiw. Sie wollen nicht fort. Sie sind fast am Ziel. Nach 30 stündiger Fahrt fehlen nur noch wenige hundert Streckenkilometer bis zu ihrem Ziel: Donezk.

Kein Rauch liegt in der kalten Luft, sondern der Frühling. Denn es ist nicht Februar 2022 sondern April 2007. Die acht jungen Menschen sind Jugendliche aus dem Werk9. Sie sind zu einem Theaterfestival eingeladen. Dem siebten „Internationalen Tagen des deutschsprachigen Studententheaters“ . Es findet unter dem Motto „Zusammen“ in einem Ferienlager nahe Donezk statt. Ein gutes Motto. Für eine Woche werden die Acht zusammen mit jungen Menschen aus Usbekistan, Kasachstan, Tschechien, der Slowakei, Polen und Russland Theater spielen und Musik machen, werden im Probenraum, am Lagerfeuer und auf der Bühne mit einander ins Gespräch kommen, lachen und tanzen. Eine gute Zeit. Eine warme Erinnerung.

Es ist wieder Frühjahr in der Ukraine. Junge Menschen sitzen auf gepackten Koffern auf dem Bahnhof von Charkiw. Sie müssen fort. Fort aus ihrer Heimat, die mit Krieg überzogen wird. Mehr als 30 Stunden trennen sie von der sicheren Grenze. Nur die Frauen und Kinder dürfen fahren. Die Männer müssen bleiben. Alte Männer aber auch junge. Nicht älter, als die Jugendlichen die wir vor fünfzehn Jahren waren, als wir zusammen grenzenlos Theater gespielt, gesungen, getanzt und gelacht haben. Heute treffen die jungen Männer hier nicht zum Singen zusammen sondern zum Schießen, zum Sterben.

Was bleibt, von jenem Zusammen-Festival vor fünfzehn Jahren? Alonas Herzlichkeit, Lenas Geschichten von der Weite ihres Landes, Romans Satz am Abend vor dem Abschied in jener Pizzeria in Donezk, an deren Namen ich mich nicht erinnern kann:
„Zu Hause ist, wo man nicht alleine ist!“

Danke, dass wir miteinander zusammen und bei euch zu Hause sein konnten. Auf Wiedersehen, im Frieden.